Ein Lächeln hilft nicht nur dem der angelächelt wird
Es gibt tatsächlich einen "Hotel-Schmerz-Index", den "hotel pain index", den das US-Onlineumfrageportal Qualtrics ermittelt. Kürzlich geschehen unter einer erklecklichen Anzahl an Reisenden, die regelmäßig in Hotels übernachten.
Demnach fügt den Gästen am meisten seelische Pein zu, wenn es im Hotel schmutzig und unfreundlich zugeht.
Unglaublich ist auch, dass ein Drittel der Befragten mit Negativerlebnissen in einem 5-Sterne-Hotel schon einmal deswegen geweint haben. Anscheinend ist die Erwartungshaltung besonders groß, wenn man vermeintlich viel Geld für ein Hotel bezahlt. Und dann wird alles auch sehr persönlich genommen.
Man muss ja nicht gleich heulen, wenn man im Hotel unfreundlich behandelt wird, aber dass man sich als Gast darüber ärgert, ist nur allzu verständlich. Unsauberkeit in einem Hotel ist ein absolutes no-go, darüber muss man eigentlich nicht sprechen. Selbst Menschen, die zu Hause nicht unbedingt den Meister Proper geben, sind bei fremdem Schmutz pingelig, ist einfach so. Vielleicht greife ich das Thema zu einem anderen Zeitpunkt noch mal auf...
Aber Gastfreundschaft, Herzlichkeit und Freundlichkeit sind einfach so untrennbar mit einem Gastgeber verbunden, egal ob Hotel oder kleiner Pension, dass ich mich manchmal wundern muss, warum das nicht per se flutscht. Denn erstens: Warum ergreift jemand den Job eines Kellners, Rezeptionisten, Concierge etc., warum führt jemand ein Restaurant oder Hotel? Muss nicht jedem klar sein, dass wer im Gastgewerbe arbeitet, seine schlechte Laune vor der Tür lassen muss - und zwar immer? Und da ist leider auch die Führungsebene bis hin zum Inhaber nicht immer leuchtendes Vorbild. Wenn der Gast nicht als Mensch sondern als Störfaktor wahrgenommen wird, wenn er einen Wunsch oder (berechtigte oder unberechtigte) Reklamation vorbringt, dann wirkt das einfach auch nach außen.
Ich kenne Menschen, die als Gast nicht darauf warten, dass sie freundlich begrüßt und umsorgt werden. Sie ergreifen selbst die Initiative und sorgen mit Komplimenten, Späßen und breitem Lächeln für gute Stimmung bei den Angestellten. Sie wollen, teils vielleicht auch unterbewusst, gar nicht erst Gefahr laufen, dass man ihnen muffelig begegnet. Toll, wenn ein charismatischer Gast im Hotel jeden sofort charmant für sich einnimmt. Aber - ist es nicht eigentlich Aufgabe des Gastgebers?
Klar gibt es auch den klassischen Stinkstiefel-Gast, der grundsätzlich an allem etwas zu meckern hat und vielleicht auch versucht, etwas zu seinem Vorteil herauszuschlagen. Aber wie viele sind das wirklich? Das Gros der Gäste will doch einfach nur nett und mit einem Lächeln bedient werden und wird erst durch unaufmerksames, arrogantes und indifferentes Personal selbst genervt. Schade, wenn man erleben muss, dass ein Kellner erst mit dem Herüberschieben der Rechnung sein Lächeln anknipst, in Erwartung eines guten Trinkgelds. Sowas kann mir ehrlich gesagt schon mal den Abend versauen. Denn das nehme ich als Gast persönlich. Und da könnte ich auch manchmal heulen...
Nicht dass jetzt ein falscher Eindruck entsteht. Ich will nicht behaupten, dass in der Hotellerie gar keine Zuvorkommenheit gegenüber dem Gast besteht. Ich habe im Gegenteil ganz oft beobachtet, dass fröhliche Angestellte, egal ob im Service, Rezeption oder sonstwo wirklich Freude an ihrem Job haben. Bedeutet für mich aber auch: Wer selbst positiv und aufmerksam herüberkommt, dem begegnen auch die Gäste mit Respekt und da wird auch nicht jeder Fehler auf die Goldwaage gelegt. Bei einem charmanten Gegenüber darf auch mal was schiefgehen. Man muss nicht immer den alten Wald und den noch älteren Schall bemühen, aber es ist schon etwas Wahres dran. Und die Arbeit macht einfach doppelt so viel Spaß!